Angela Mueller 

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz

BPatG: Türkische Berufsbezeichnung „Kasap“ als Marke nicht unterscheidungskräftig

Angemeldet wurde die Deutsche Wortmarke „Kasap“ für Lebensmittel der Nizza-Klassen 29 und 30 sowie Getränke der Nizza-Klasse 32. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat diese Markenanmeldung zurückgewiesen. Als Begründung hat das DPMA ausgeführt, dass dem türkischen Wort „Kasap“ die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Das Wort „Kasap“ bedeute in der türkischen Sprache „Fleischer“ oder „Metzger“. Die in Deutschland lebenden fast 3 Millionen türkischstämmigen Personen bildeten einen rechtserheblichen Teil der inländischen Verkehrskreise.

Die Anmelderin war der Ansicht, dass das Verständnis des deutschsprachigen Publikums allein maßgeblich sei. Die gegen die Entscheidung des DPMA erhobene Anmelderbeschwerde hat jedoch keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht (BPatG) stellte fest, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft innehabe und somit nicht als Marke eingetragen werden könne.

Eine Unterscheidungskraft fehle dann, wenn beispielsweise ein enger beschreibende Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt werden könne. Davon ist das Gericht hier ausgegangen. Die Markenstelle des DPMA habe bei der Bewertung der Eintragungsfähigkeit der Marke zutreffend das Verständnis türkischsprachiger Verbraucher einbezogen.

Lebensmittel und Getränke richteten sich an das allgemeine inländische Publikum. Danach wäre hier prinzipiell vorrangig auf deutschsprachige Endverbraucher abzustellen und ausgeprägte Türkischkenntnisse können erst einmal nicht zugrunde gelegt werden. Die Annahme einer gespaltenen Verkehrsauffassung ist mit der Sichtweise eines Durchschnittsverbrauchers im Grundsatz nicht zu vereinbaren. Ausnahmsweise aber sei die Berücksichtigung verschiedener Verkehrskreise gerechtfertigt, wenn etwa die Sicht verschiedener Verkehrskreise zu ermitteln ist, die sich objektiv voneinander abgrenzen lassen wie beispielweise bei unterschiedlichen Sprachkreisen. So reiche es für die Annahme einer Verletzungsgefahr aus, wenn Verwechslungsgefahr bei einem dieser Verkehrskreise bestehe (so schon BGH, Urteil vom 27.03.2013 – I ZR 100/11 – AMARULA/Marulablu). Um Widersprüche in der rechtlichen Beurteilung zu vermeiden, könne die Feststellung der Verkehrsauffassung im Zusammenhang mit der Unterscheidungskraft keinen anderen Maßstäben unterliegen. Es sei zudem nicht ausreichend, bei der Prüfung der Eintragungsfähigkeit lediglich auf einen inländischen Durchschnittsverbrauch abzustellen, der regelmäßig der deutschen, der englischen und – mit Einschränkungen – auch der französischen Sprache mächtig sei. Mit einer solchen Betrachtungsweise käme einem selbstständigen Segment des Marktes nicht die erforderliche Bedeutung bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft zu.

Das BPatG kommt zu dem Schluss, dass das Wort „Kasap“, mit seiner Bedeutung in der türkischen Sprache für „Fleischer/Metzger“, für alle hier angemeldeten Waren beschreibend sei. Die hier konkret von der Markenanmeldung umfassten Waren stellten zwar keine Wurstprodukte oder Fleischprodukte dar, so dass das Wort nicht unmittelbar auf den Hersteller verweise. Jedoch verhalte  es sich in der Praxis so, dass Metzger neben selbst zubereiteten Waren häufig auch andere Lebensmittel anbieten. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn das Angebot auf türkischstämmige Kunden ausgerichtet sei. Somit stellte das BPatG im Ergebnis fest, dass in diesem Zusammenhang das Wort „Kasap“ doch ein Hinweis auf den Verkäufer sei und insoweit einem Hinweis auf die Vertriebsstätte gleichstehe.

In Weiterführung der BGH Entscheidung AMARULA/Marulablu stellte das BPatG also fest, dass das Verständnis türkischsprachiger Verbraucher bei gespaltener Verkehrsauffassung nicht nur bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr in Bezug auf Markenverletzungen zu prüfen sei, sondern auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft in Bezug auf die Feststellung der Schutzfähigkeit einer Marke.

Da höchstrichterlich nicht geklärt sei, ob und inwieweit die vom BGH im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr anerkannte Berücksichtigung einer gespaltenen Verkehrsauffassung tatsächlich auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft in Betracht komme, ließ das BPatG die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.

(Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.04.2019 , Aktenzeichen 28 W (pat) 521/18)

Anmerkung: In der anwaltlichen Praxis der Markenanmeldung bedeutet diese BPatG Entscheidung „Kasap“ nun erst einmal, dass bei Prüfung der Schutzfähigkeit geplanter Markenanmeldungen auch eine mögliche Bedeutung von Wortbestandteilen in der türkischen Sprache zu beachten ist. Für andere ausländische Sprachen wie englisch und teilweise auch französisch ist dies seit langem bekannt. Auch bei anderen Sprachen kann sich diese Frage stellen. So ist auch die russische Sprache  wegen der großen Zahl russischsprachiger Verbraucher zu berücksichtigen. Für die Bewertung der Unterscheidungskraft einer neuen Marke sind dabei die jeweiligen konkreten Aspekte des Einzelfalls relevant, also die konkrete Gestaltung der geplanten Marke, die konkret geplanten Waren bzw. Dienstleistungen und die damit angesprochenen Verkehrskreise. Eine umfassende anwaltliche Prüfung im Vorfeld kann helfen, markenrechtliche Hindernisse im Eintragungsverfahren zu vermeiden.