Angela Mueller 

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz

BPatG: Widerspruchsverfahren ANGRY BIRDS gegen ANGRY BAND – Löschung der jüngeren Marke

Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht wurde auf den Widerspruch aus den Marken ANGRY BIRDS die Löschung der angegriffenen Marke ANGRY BANDS angeordnet. Dazu im Einzelnen:

Gegen die Eintragung der jüngeren Deutschen Wortmarke ANGRY BAND, unter anderem eingetragen für Waren und Dienstleistungen aus Klassen 9, 35, 38, 41 wie Computerprogramme für Spiele, Software, Unterhaltung, Bereitstellung von Online-Computerspielen, wurde Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch basierte zum einen auf der IR Wortmarke ANGRY BIRDS, eingetragen unter anderem für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 16,  28 und 41 wie Spiele, Unterhaltung sowie aus der gleichlautenden EU Unionsmarke, Wortmarke ANGRY BIRDS, eingetragen für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 14, 18, 20, 21, 24, 25, 27, 29, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 38 und 43, wie Handel in Bezug auf den Verkauf von Spielen für mobile Geräte, Computerspielprogrammen.

Die Widersprechende stützte sich auf das Vorliegen einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 125 b Nr. 1 MarkenG sowie unlautere Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten Widerspruchsmarken gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 125 b MarkenG.

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hat die Widersprüche mit Beschluss zurückgewiesen. Es sah weder eine Verwechslungsgefahr noch hinreichende Anhaltspunkte für eine Löschung unter dem Aspekt des Sonderschutzes der bekannten Marke.

Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Beschwerde zum Bundespatentgericht (BPatG) erhoben. Das BPatG hat entschieden, dass die zulässige Beschwerde in der Sache Erfolg hat, hat den Beschluss des DPMA aufgehoben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Das BPatG geht davon aus, dass Verwechslungsgefahr zwischen den beiden gleichlautenden Widerspruchsmarken ANGRY BIRDS und der angegriffenen Marke ANGRY BAND vorliegt, gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, und zwar hinsichtlich aller mit ihr gestützten Waren und Dienstleistungen.

Eine jüngere Marke ist zu löschen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität und Ähnlichkeit der durch beide Marken erfassten Waren und Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Bei der Bewertung der Verwechslungsgefahr ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität bzw. Ähnlichkeit der Marken und der Identität bzw. Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Produkte sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, sodass ein geringerer Grad des einen Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann.

In Bezug auf Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9 und 41 sowie 35 und 38 ging das BPatG von Identität bzw. Ähnlichkeit aus.

In Bezug auf die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ging das BPatG von einer erhöhten Kennzeichnungskraft aus (das DPMA hatte lediglich normale Kennzeichnungskraft angenommen). Eine solche erhöhte Kennzeichnungskraft ergab sich hier jedoch nicht bereits originär aus der Marke, sondern durch die von der Widersprechenden zusätzlich eingereichten Unterlagen, unter anderem mit Werbeaufwendungen und Verkaufs- sowie Umsatzzahlen, die eine intensive Benutzung, lange andauernde Markenverwendung und weiteres dokumentierten. Das BPatG stellte fest, dass sogar den Senatsmitgliedern selbst als angesprochenen Verbrauchern zumindest für Computerspiele und die zugehörigen Waren und Dienstleistungen die Widerspruchsmarken geläufig seien.

Das BPatG hielt weiter fest, dass es jedoch letztlich auf die erhöhte Kennzeichnungskraft nicht ankomme. Die Vergleichszeichen nämlich seien derart ähnlich, dass sogar bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft mit relevanten Verwechslungen zu rechnen sei. Es handle sich bei den Vergleichsmarken um einheitliche Gesamtbegriffe, deren Einzelworte sprachlich aufeinander bezogen sind. Somit sind diese Einzelworte gleichermaßen prägend für die jeweilige gesamte Marke. Der Einwand der Inhaberin der angegriffenen Marke, das erste Wort der Vergleichszeichenkennzeichnung sei schwach und somit zu vernachlässigen, griff hier nicht durch. In Bezug auf die Gesamtbegriffe waren diese nach Ansicht des BPatG insgesamt gegenüberzustellen. Bei Wortmarken komme es klanglich vor allem auf Silbengliederung, Vokalfolge und Wortanfänge an. Diese seien im vorliegenden Fall absolut identisch und selbst der Endvokal stimmen nahezu überein. In klangliche Hinsicht unterschieden sich die bekannten englischsprachigen Endwörter nur wenig im Vokallaut. Auch in schriftbildlicher Hinsicht sah der Senat eine sehr hohe Markenähnlichkeit. Die Abweichungen am Ende der zu vergleichenden Gesamtmarken reichten zu einer hinreichenden Unterscheidung nicht aus. Auch ein abweichender Sinngehalt, den das DPMA hier noch angenommen hatte, konnte diese Beurteilung nicht ändern. Das BPatG hält fest, dass bei hochgradigen klanglichen oder schriftlichen Übereinstimmungen ein abweichender Sinngehalt Verwechslungen in der Regel nicht mehr ausschließen kann.

Nach alledem nahm das BPatG Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke ANGRY BAND und den Widerspruchsmarken Internationale Registrierung und Unionsmarke ANGRY BIRDS an. Das Löschungsbegehren der Widersprechenden war damit berechtigt, dies bereits im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG (markenrechtliche Verwechslungsgefahr). Auf den weiteren Löschungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG (unlautere Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannter Marken) kam es in dieser Situation somit nicht mehr an, so dass der Senat das hingestellt sein ließ. Allerdings teilte er mit, dass die eingereichten Unterlagen der Widersprechenden und auch die frühere Entscheidung der Widerspruchsabteilung des EUIPO nahelegen, dass auch dieser Löschungsgrund vorliegt.

(Bundespatentgericht, Beschluss vom 9. August 2018, Aktenzeichen: 27 W (pat) 79/14)

Anmerkung: Die Findung neuer Namen und Marken ist nicht immer einfach. Eine Marke soll nicht nur gut klingen. Sie soll Hinweis sein auf die Herkunft aus dem eigenen Unternehmen. Eine starke Marke ist das Ziel, die schutzkräftig und eintragbar ist. Vorsicht ist dabei geboten bei der Anlehnung an bereits bestehende und zudem bekannte Marken. Hier droht ein Risiko, nicht nur des amtlichen Widerspruchsverfahren, auch der Abmahnung aus Markenverletzung. Wir empfehlen: Lassen Sie sich bei der Namensfindung rechtlich beraten. Lassen Sie geplante Marken im Rahmen einer markenrechtlichen Recherche daraufhin überprüfen, ob ältere Marken Dritter Ihrer geplanten Marke entgegenstehen können. So sichern Sie sich im Vorfeld ab und können unnötige Kosten und Streitigkeiten vermeiden. Wir beraten Sie gerne: Wir prüfen, ob Ihre Marke eintragbar sein kann oder ob mit Zurückweisungen von Markenämtern zu rechnen ist. Auch prüfen wir das Kollisionsrisko Ihrer Marke im Rahmen rechtlicher Recherchen. Sprechen Sie uns gerne an!