Keine allgemeine Marktbeobachtungspflicht für Unternehmer

Zeitpunkt der Kenntnis vom Wettbewerbsverstoß ist grundsätzlich entscheidend

LG Dortmund, Urteil vom 17.04.2013, Az. 19 O 114/13, u.a. §§ 3, 4 Nr. 10, 8 UWG

Hat ein Unternehmen den Wettbewerbsverstoß eines Mitbewerbers bemerkt, ist es wichtig, dieses Verhalten möglichst rasch zu stoppen. Um gegen ein wettbewerbswidriges Verhalten im Wege einer einstweiligen Verfügung vorgehen zu können, ist unter anderem das Vorliegen der Dringlichkeit erforderlich. Diese liegt in der Regel dann vor, wenn der Erlass einer einstweiligen Verfügung innerhalb einer kurzen Frist nach Kenntnis vom Verstoß beantragt wird. In der Regel gilt dafür ein zeitlicher Rahmen von etwa vier Wochen. Lässt man eine längere Zeit verstreichen, kann es an der Dringlichkeit im Sinne des § 12 II UWG fehlen. Wie steht es nun mit der Dringlichkeit, wenn der Mitbewerber das beanstandete Verhalten schon länger betreibt?

Im vorliegenden Fall stritten zwei Versicherungen um einen möglicherweise zu beanstandenden Versicherungsvertrag. Das eine Unternehmen wollte dem Konkurrenten die weitere Verwendung des streitgegenständlichen Vertrages per einstweiliger Verfügung untersagen lassen. Der Mitbewerber setzte sich dagegen zur Wehr und trug u.a. vor, da es diesen Vertrag bereits seit mehr als einem Jahr verwende, fehle es nun an der Dringlichkeit.

Das Landgericht Dortmund gab mit einem Urteil der beantragten einstweiligen Verfügung statt:

die für den einstweiligen Rechtsschutz erforderliche besondere Dringlichkeit liege hier vor, wenn das entsprechende Verfahren einen Monat nach Kenntniserlangung der Wettbewerbsverletzung eingeleitet wird. Nicht entscheidend sei in diesem Fall, wann die Wettbewerbsverletzung tatsächlich begonnen hat. Wenn ein Wettbewerber bereits längere Zeit ein zu beanstandendes Verhalten zeigt, dieses Verhalten aber erst nach Verstreichen einiger Zeit tatsächlich bemerkt wird, könne das umgehende Einleiten von rechtlichen Schritten noch ausreichend sein. Grundsätzlich müssen Unternehmen nicht ständig den Markt beobachten und überprüfen, ob eine Mitbewerber gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.

Empfehlung:

Bei Kenntnis von einem wettbewerbsverletzenden Verhalten eines Konkurrenten sollte in jedem Fall schnellstmöglich reagiert und entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet werden.

Im anderen Fall, bei einer späteren Kenntnis oder einem möglichen Kennenmüssen, sind sicher die Umstände des Einzelfalls wichtig und genau zu prüfen: Es sind Fälle denkbar, bei denen das Vorliegen der Dringlichkeit und der Zeitpunkt der Kenntniserlangung möglicherweise strenger bewertet werden könnten, beispielsweise wenn der Wettbewerbsverstoß leicht erkennbar ist oder sich geradezu aufdrängt, eine Marktbeobachtung der Regelfall ist oder ein Unternehmen sehr aktiv am Marktgeschehen beteiligt ist.